Lateinamerika nach links, nach rechts oder andersrum? #4 Ecuador
Mit der Verfassungsreform von 2008 hat das Andenland Ecuador internationale Schlagzeilen gemacht. Nicht nur wurde der Verfassungstext mit einer beispiellosen Mehrheit der Bevölkerungsstimmen verabschiedet, was viele auf eine grundlegende Erneuerung der Demokratie hoffen ließ. Darüber hinaus setzte die neue Verfassung bemerkenswerte Akzente, was die gesellschaftliche Ausgestaltung von Politik, Wirtschaft und Ökologie angeht.
Ein Kernstück hiervon war die Etablierung des Yasuní-ITT Nationalparks in einem Teil des Amazonasregenwaldes, der sowohl eine gigantische Biodiversität als auch große Erdölvorkommen beherbergt. Die ecuadorianische Regierung wollte diese umweltverschmutzenden Energiequellen gegen internationale Garantiezahlungen im Untergrund belassen. Diese Gelder hätten sowohl die Energietransition des Landes mitfinanzieren als auch einen positiven Präzedenzfall im Kampf gegen den Klimawandel setzen können. Deutschland positionierte sich jedoch gegen diese Initiative, was viele weitere Staaten zur Ablehnung der Initiative bewegte. Fast 15 Jahre später, haben die Hoffnungen auf eine alternative Entwicklung zwei Phasen durchgemacht, die jeweils wenig für die Verwirklichung einer sozial gerechten und ökologischen Demokratie bewirkt haben. Der Vortrag analysiert den Verlauf des ecuadorianischen Entwicklungsdiskurses unter den Bedingungen zwei politischer Wellen: Die erste von 2007 bis 2017 unter dem sozialistisch geprägten Regierungsstil des Correísmo und die zweite von 2017 bis heute unter dem extraktiven Neoliberalismus von Lenín Moreno und Guillermo Lasso. Inwieweit hat die in der Verfassung verankerten Idee einer alternativen Entwicklung unter diesen zwei politischen Wellen an Dynamik gewonnen oder verloren? Inwieweit kamen die autoritäre Züge des ecuadorianischen Staats in diesen beiden Wellen zum Vorschein? Und wie ist Deutschlands mangelnder Rückhalt für die Yasuni-ITT Initiative aus heutiger klima- bzw. energiepolitischer Sicht zu bewerten?
Die Veranstaltungsreihe „Lateinamerika nach Links, nach Rechts oder andersrum? Aktuelle regionale Entwicklungen und politische Fragen“ ist eine Zusammenarbeit zwischen der EAB und POLITIKUM Ecuador und richtet sich an Schüler:innen, Studierende, und alle Interessierten, die ihre Kenntnisse über die neuesten Geschehnisse in Lateinamerika als komplementäres Element zur allgemeinen Bildung vertiefen wollen.
Die Online-Reihe besteht aus insgesamt 5 Veranstaltungen, die sich an den jeweiligen Terminen einem Land widmen: Brasilien (05.04.2023), Peru (20.04.2023), Mexiko (03.05.2023), Ecuador (31.05.2023) und Kolumbien (21.06.2023).
Ein dreitägiges Präsenzseminar in Berlin (06.-08.07.2023) greift die Ergebnisse auf und vertieft den interkulturellen Austausch mit Besuchen vor Ort bei Botschaften und Expertengesprächen in einschlägigen Nichtregierungsorganisationen. Die Begegnung ermöglicht einen interdisziplinären Ansatz und bringt zusätzlich unterschiedliche Erfahrungen der Migration in die Diskussion ein.
Die Anmeldung zu den einzelnen Veranstaltungen ist möglich, eine durchgängige Teilnahme wird gewünscht.
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